Mantel

Halbkreismantel

„… das die fraw ein gugel trait / und der man ain mantel weit / das war vor der frawn kleit / mit gesper und offen vor …/ (Teichner, C, 191 a, v. 22-25)

Der im Frühmittelalter gebräuchliche, als Rechteck zugeschnittene Mantel wurde schon im Laufe des Hochmittelalters durch eine neue Schnittvariante ersetzt. Der nun gebräuchliche Mantel war in Form eines Halbkreises geschnitten und, meist den höheren Ständen vorbehalten, in der Regel bodenlang. Da die Webbreiten der erzeugten Stoffe einen in einer durchgehenden Bahn zugeschnittenen Mantel nicht erlaubten, zeigen die erhaltenen Exemplare verschiedenste Varianten die Mantelfläche aus kleineren Stücken zusammenzusetzten. In mancher Literatur findet sich oftmals auch die Bezeichnung Heuke für aus Kreissegmenten zusammengesetzte Mantelbahnen.

Der Halbkreismantel war bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts in der Regel mit einer Fibel geschlossen, wobei Frauen den Verschluss in der Regel in der Mitte des Brustbereichs, Männer die Fibel im Schulterbereich trugen. Der Fibelverschluss wurde danach langsam durch eine mit Knöpfen geschlossene Variante ersetzt. Mäntel besaßen um 1350 sowohl einen schützenden als auch einen repräsentativen Charakter. Daher werden sie auch in ihrer Qualität und Machart sehr unterschiedlich vorgefunden, so ist der Mantel des im Bocksten Moor gefundenen Mannes aus ungefüttertem Wollstoff dessen Webkante noch an der geraden Kante des Halbkreises vorhanden sind und eindeutig dem Wetterschutz zuzuordnen. Im Gegensatz dazu legen Abbildungen und aus dem klerikalen Bereich erhaltene Stücke lebhaftes Zeugnis von enormem Luxus ab. Mit Goldstickereien verzierte Stücke und teures Pelzfutter waren bei den gehobenen Ständen wohl die Regel. Als Pelzfutter kam je nach Stand und Geldbeutel eine Vielzahl von Möglichkeiten in Betracht: Marder, Zieselmaus, Wolf, Fuchs, graues Eichhörnchen, Biber, Luchs, Zobel und Hermelin. Letztere beiden gehörten zum vornehmsten Futter, ebenso wie die Federn des Reihers. Fuchs und Wolf wurden allgemein getragen.

Eine besonders edle Variante des Halbkreismantel war der, sich bis in die 1. H. des 14. Jh. hinein noch erhaltene Tasselmantel. Mit zwei Tasselscheiben an den Mantelkanten etwa in Brusthöhe durch ein Band gehalten stellte er eine, durch seine unpraktische Handhabung  und damit verbundenen, besonders auf Abbildungen des 13. Jh. häufig sichtbaren, typischen „Fingerhaltung“, um ein Abrutschen des Mantels nach hinten zu vermeiden, ein eher formelles Kleidungsstück dar.

Die Form Halbkreismantel besaß auch eine erstaunlich lange Lebenszeit, vor allem im geistlichen Bereich blieb die Form zum Teil bis weit in den Barock erhalten.

Eine der wenigen regionalen Kleiderbesonderheiten die sich für Wien in der Mitte des 14. Jahrhunderts festmachen lassen ist (vermutlich, die Textquellen sind da nicht eindeutig) ebenfalls ein Halbkreismantel, Seidl genannt. Dabei dürfte es sich um einen halbkreisförmigen Kurzmantel, der teils nicht einmal das Gesäß bedeckt hatte, gehandelt haben. Seine genaue Verschlussform ist leider unklar; eine Fibel- oder Knopfvariante ist jedoch wahrscheinlich.

„Tunc et pallia in tantum curtabant quod aliquibus vix posteriora tangebant.“ (Leobner Chronik, 1336)

Garnache

Eine weitere Form der Überbekleidung war die so genannte Garnache, ein meist oberschenkellanger Überkittel mit weiten und unten offenen Ärmeln in Halbkreisform. Die Garnache besitzt meistens eine angesetzte Kapuze und findet sich in Abbildungen meist als Reisekleidung mittlerer und ärmerer Schichten.

Garde-Corps

Der garde-Corps war eine der Suckenie verwandte Überbekleidung die schon recht früh (um 1200, Petrus di Ebolo) bei Männern in Erscheinung tritt und mit Beginn des 14. Jahrhunderts auch in der Frauenmode auftritt. Der Garde-corps wird durch die typischen weiten und überlangen Schlupfärmel und die angesetzte Kapuze charakterisiert, er ist meisten bodenlang abgebildet. Wie die Garnache findet sich der Garde-Corps vorwiegend auf Reisedarstellung und wird dort von den höheren Gesellschaftsschichten getragen.

Cappa

Die Cappa ist eine sehr frühe Form des Wetterschutzes die auf die römische Cuculla zurückgeht und sich als glockenförmiger, geschlossener Überwurf zeigt. Die Cappa besitzt oft eine angesetzte Kapuze und ist meistens etwa hüftlang. Gegen 1300 beginnt sie aus der Mode zu verschwinden, man findet sie um 1350 nur mehr sehr selten auf Abbildungen.

Mantel Belege Mann

 

Gugel

„… und die gugel für getan / zwier gezipfelt so get der man.“ (Teichner, C. 219 a, 214 f.)

Die Gugel ist ebenfalls aus der Cuculla hervorgegangen und wird schon im 13.Jahrhundert von der Kleidung der untersten Schichten in die Mode der Höhergestellten übernommen. Damit ist sie eines der wenigen Beispiele für eine aufwärts betriebene Modeentwicklung, bei der das einfache Kleidungsstück der Hirten und Feldarbeiter sich bis in höfische Kreise ausbreitet.
Im Prinzip ist die Gugel eine einfache Kapuze mit breitem, die Schultern sowie Brust und oberen Rücken bedeckenden Kragen. Sie findet sich bis ins 14. Jahrhundert hin ausschließlich in der Männermode und wurde in sehr vielen Qualitätsabstufungen hergestellt. Von einfachen Wollvarianten bis hin zur pelzgefütterten Variation mit gezaddeltem Rand ist ein breites Spektrum in den Abbildungen vertreten. Auch die Länge der Sendelbinde, eine Verlängerung des Kapuzenzipfels, ist in großer Vielfalt vorhanden, von kurzen Varianten die sich aus dem Zuschnitt ergeben bis zu 2 oder 3 Klaftern Länge (wie z.B. in der Bozner Chronik von 1340 erwähnt oder inder Lilienfelder handschrift abgebildet)

Zusätzlich zur klassischen Trageweise dieser Kapuze ist auch der Gugelhut hinreichend belegt, bei dem die eigentliche Gesichtsöffnung als Hut dient und die Sendelbinde sowie der breite Kragen als Zierelement dienen.

Die Gugelmode war so beliebt, dass sie diese sogar in der Kirche nicht abnahmen:

„… hut und gugel solt her ab / wann der priester mess hat. (Teichner, B, 33 b., v. 77-78)

Erst mit dem Durchbruch der Knöpfe als Verschlusstechnik wird die Gugel, die ja ein Schlupfkleidungsstück ist, für Frauen tragbar und findet so ihren Eingang in die Damenmode.

 

Gugel belege

 

 

Gugelmode Rekonstruktion

 

 

Quellenhinweis:

Bildquellen-Detailausschnitte stammen aus der Datenbank des Instituts für mittelalterliche Realienkunde bzw. dem von uns persönlich dokumentierten Bildbestand (Martinskappelle, Maria am Gestade) entnommen.