Keramik 2 – Glasuren ja oder nein?

06.01.2013 von Rotschopf in Equipment und Sachkultur, Hafnerei, Handwerk

Letztes Mal haben wir ja über Arten von Keramik gesprochen, diesmal stellen wir die Frage: Glasur ja oder nein und wenn ja, welche?

Glasur ist, wie der Name schon sagt, ein dünner Glasüberzug auf Keramik, der nicht nur ziert, sondern auch eine glatte Oberfläche bildet, die Wasserundurchlässig und leicht zu reinigen ist.

Heute sind viele Arten von Glasur erhältlich mit den verschiedensten Zusammensetzungen, die wenigsten davon sind allerdings mittelalterlich.

Lassen wir die Antike einmal aus (wo Keramik viel fortgeschrittener war als im Mittelalter), beginnt man ca um 1300 herum in Europa, Gefäße zu glasieren, hauptsächlich aus optischen Überlegungen. Abgesehen davon, dass man damals noch nicht so viele hygienische Bedenken wie heute hatte, war eine Glasur auch nicht notwendig. Warum?

Vor dem 14. Jhdt bekam man Gefäße folgendermaßen dicht:

a) man polierte die fast trockenen Tonwaren vor dem Brand mit glatten Kieseln, so dass die Oberfläche glatter wurde

b) man überzog das rohe Gefäß mit Engobe: Das muss man sich als dünnflüssig gelösten Ton vorstellen, den man auf die fertige Keramik aufträgt. Dadurch erreicht man einerseits interessante Farbeffekte (durch die Verwendung verschiedenfarbiger Tonerden oder Mischung mit Farbpigmenten), andererseits eine (etwas) dichtere Oberfläche, Vorteile, die sich schon die alten Griechen zu Nutze machten bei ihren Vasenmalereien. Auch die berühmte römische Terra Sigilata ist ein Engobenprodukt. Engobe ist aber nicht mit Glasur vergleichbar, denn sie verglast nicht. Warum man Ton noch einmal mit Ton überzieht? Nun, der Ton, mit dem der Hafner arbeitet ist – für die bessere Haltbarkeit – gemergelt, das heißt mit groben Bestandteilen vermischt. Ton selbst ist eine sehr feine Erde, durch das Mergeln verleiht man ihm mehr Struktur und Festigkeit, macht ihn aber auch poröser. Eine Engobe ist nur der sehr feinkörnige Ton, der dann zu einer glatteren Oberfläche brennt.

c) Anflugglasur: Bei Holzbetriebenen Öfen legen sich Teile der Holzasche auf die Keramik und verdichten sie, das war aber eher Zufall und unregelmäßige Ergebnisse waren zu erwarten.

Wie bereits im letzten Teil erwähnt, brennen moderne Öfen zumeist auf 1000-1100 Grad, was unter den spätmittelalterlichen Brenntemperaturen liegt, denn im 14. Jhdt brannte man mit echten Feuerbetriebenen Öfen, heute mit Energie- und Ressourcenschonenden Heizstab-Brennern, die so hohe Temperaturen nicht oft mitmachen. Die unglasierten Gefäße waren also viel dichter als heutige Erzeugnisse.

Im Mittelalter gab es zwei Hauptvarianten der Glasur, ab 1300 findet man zumeist die sogenannten Bleiglasur.
Diese Glasur ist – das wissen manche vielleicht aus dem eigenen Wissensschatz – giftig, wenn sie mit säurehaltigen Lebensmitteln in Verbindung kommt.
Im Mittelalter wusste man davon freilich nichts. Das Blei hilft bei der Verglasung der Bestandteile dieser Glasur schon bei niedrigen Temperaturen, was sie sehr beliebt machte. Je nach Brenntemperatur bildet sie eine farblich zwischen hellem beige, gelb und waldgrün schwankende Farbausprägung. Manche kennen bleiglasierte Gegenstände vielleicht sogar noch vom Bestand der eigenen Großmutter/Familie. Die Optik ist unverkennbar und kann auch in Wien an einigen Fund- Stücken des 13. und 14. Jhdt nachgewiesen werden.
Sie macht die Keramik dicht und schmückt sie, gibt allerdings bei regelmäßiger Verwendung große Mengen an Blei ab, die den Körper vergiften und sogar bis zum Tod führen können.
Deshalb gibt es leider keine Möglichkeit, Repliken in dieser Technik auch tatsächlich gefahrenfrei zu nutzen (selten erhält man gefrittete Bleiglasur, bei der die Bleibestandteile in Verbindungen gebacken wurden, so dass sie sich anschließend nicht mehr lösen, diese ist aber auch nicht historisch). Es empfiehlt sich also, sie einfach zu imitieren.

Im 15. Jahrhundert kommt die sogenannte Salzglasur auf, bei der gewöhnliches Salz während des Brennvorgangs in den Ofen gestreut wird. Man verwendet diese Technik nur bei Sinterware ab 1200 Grad Brenntemperatur aufwärts. In der immensen Hitze des Ofens verpuffen die Salzkristalle sofort zu Dampf, der sich auf die Keramik legt und eine grau-bräunliche Optik annimmt. Auch diese Glasur kennt ihr sicher von diversen Krügen und Fetttöpfen bei euren Großeltern.

Es ist also ratsam, glasierte Ware zu vermeiden, wenn möglich, es sei denn, ihr wollt Bleiglasur imitieren (wir haben uns ein paar Stücke anfertigen lassen). Immer nachfragen, wie eure Keramik behandelt wurde, wie sie gebrannt wurde und ob sie glasiert ist (manche Glasur hat auch matte Optik) halte ich für empfehlenswert.

Nächstes Mal geht es um die Wiener Keramikfunde(Teil 3) und damit um die konkreten Formen.

Teil 1 – Becher ist gleich Becher
Teil 4 – Töpferscheibe oder Werktisch
Teil 5 – Brennofen