Vom Kokon zum Faden

15.07.2013 von Rotschopf in Handwerk, Rekonstruktionen, Textilverarbeitung

Jetzt wo Firiel ja immer so viel Seide färbt in allen Farben des Regenbogens, rückt bei uns das Seidenthema noch ein bisschen mehr in den Vordergrund. Dazu überlegen wir ja schon länger, wie wir am Besten Kilometer von Seidenfaden von den Kokons abspulen (ein Kokon kann bis zu 2 km Faden beinhalten). Eine Haspel mit Aufhängung und Kurbel musste her, die die Handgelenke schont, denn die Seidenfäden, die um ein vieles dünner als Haare und ein hundertfaches länger als selbige sind, kann man nur bei guter Kondition und mit viel übriger Zeit und Geduld per Hand abwickeln.

Dazu gab es viele Abbildungen des immer ähnlichen Typus zu finden, wir haben uns besonders von diesem inspirieren lassen:

Diese Darstellung stammt aus Konstanz und ist einem Fresko im Kanonikerhaus mit der Darstellung verschiedener Textiltechniken entnommen. Das Fresko kann auf ca 1320 datiert werden.

Ähnliche Modelle finden sich auch hier  (Sv Primoz, Slowenien um 1504, via Imareal), oder hier (vermutlich Wien oder Süddeutschland, 1420-30, heute Magyar Nemzeti Galéria, Budapest, via wga.hu).

Das sind übrigens alles vermutlich Wollhaspelmodelle, zumindest kann man da nur schwer unterscheiden, denn welcher Faden aufgewickelt wird, ist nicht bestimmbar. Da aber auch neuzeitliche, eindeutig als Seidenhaspel identifizierbare Modelle nach dem selben Bauplan arbeiten, habe ich da keine Bedenken, so ein Modell auch für Seide zu verwenden.

Weil der delikate Seidenfaden beim Abwickeln und Abnehmen von der Haspel so wenig wie möglich strapaziert werden soll, fallen Modelle mit hölzernen Aufliegeflächen natürlich aus. Ich habe ich mich für ein Modell wie aus dem letzten Bild entschieden, das Fäden zwischen den Armen der Haspel hat, auf dem die Seide aufliegen kann. Diese sind flexibel genug, um die gehaspelte Seide dann ganz einfach abzunehmen.

Damit man die fertigen Fadenpakete dann auch abnehmen kann muss zudem die Welle, die die Arme hält, abnehmbar sein, was uns vor einige Konstruktionsfragen stellte :-)
Mein Papa hat das dann aber alles sehr gut hinbekommen und ich finde, das fertige Teil sieht sehr schön aus und fast genauso wie in den Abbildungen. Es schreit schon danach, ausprobiert zu werden. Wer sie gerne in Action sehen würde und lernen, wie man Seide abhaspelt, kommt am Besten nach Sachsenburg am letzten Juliwochenende.

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