Spinnen – oder – die Erkenntnis, dass alles doch nicht so einfach ist, wie es erscheint

13.11.2011 von Rotschopf in Kleidung

Oft ertappt sich vielleicht der eine oder andere dabei, zu denken, dass im Mittelalter alles viel primitiver und unausgefeilter hätte sein müssen als heute, Lügen hat mich in diesem Sinne letztlich meine neue Spinnwirtel gestraft.

 

Spinnwirtel aus Keramik bzw. Speckstein (vgl. Mühlviertler Spinnwirtelfunde)

Spinnwirtel aus Keramik bzw. Speckstein (vgl. Mühlviertler Spinnwirtelfunde)

Diese Spinnwirtel (links), nach einem Fund aus dem Mühlviertel hat Roland gefertig, sie ist etwa so groß wie eine gewöhnliche Kirsche. Und damit liegt sie schon im Bereich der größeren dieser Exemplare.
Wer noch nicht viel mit Spinnen zu tun hatte, dem sei erklärt, dass die Spinnwirtel zur Funktion hat, das Gewicht zu liefern, das den Spinnstab und an ihm den Faden in Drehung hält. Je größer und schwerer sie ist, desto öfter dreht sich die Wirtel mit einem Mal anstoßen. Das Problem beim Spinnen ist nun, dass ein dünnerer Faden keine allzu großen Spinnwirteln halten kann und dann abreißt, wenn er nicht oft genug gedrillt ist (also wenn man zu viel Faden auf einmal produziert/herauszupft). Anders herum ist es mit einem dicken Faden nicht möglich, eine kleine Spinnwirtel in Drehung zu halten, weil dieser einfach mehr Kraft braucht, um sich zu verdrillen, was die kleine Wirtel nicht schafft. Man muss sie deshalb öfter antreiben.
Eine Wirtel dieser Größe ist also nur für sehr dünnen Faden zu gebrauchen und auch dafür gedacht.

Das Problem ist nun, dass man, wenn man mit dieser Wirtel spinnt, man auch wirklich dünn spinnen muss, ansonsten muss man die Spindel unzählige Male wieder antreiben mit der Hand, was den Spinnvorgang unterbricht und man braucht viel mehr Zeit für den Faden.
Ja, und genau das kann ich eben nicht. Der Faden, den ich produzieren kann, ist für meine Verhältnisse schon sehr sehr dünn, zweifach genommen würde er wohl schönes feines Häkelgarn ergeben, wie man es heute kennt. Allerdings ist er offensichtlich noch nicht dünn genug, denn ich muss die Spindel bis zu 5 mal antreiben, wenn ich einen Faden von 50 cm erzeugen will. Einfach zu viel. Meine erste Reaktion war also: Die Spindel ist zu klein, das kann nicht sein.

Bei erneutem Blick auf die Fundstücke aber zeigte sich, dass das einfach nicht wahr ist, dass ich also einfach zu dick spinne. Ein herber Rückschlag, zu erfahren, dass ich noch viel primitiver bin als die Menschen damals :-)