Quellen zur österreichischen Mode
Das Thema Kleidung ist ein enorm komplexes Thema, über welches man tausende Seiten schreiben könnte, besonders wenn man auf jede regionale Kleinigkeit und Variante eingehen würde. Da dies schlichtwegs nicht realisierbar ist, haben wir versucht euch zumindest einen kleinen, groben Überblick über die österreichische Mode anhand der lokalen Bild- und Textquellen (Details/Links zu den Handschriften bzw. Datenbanken findet ihr in unsrem Skriptorium) zusammenzustellen. Natürlich heißt es auch hier: „Ausnahmen bestimmen die Regel“, und viele modische Dinge die vielleicht in einem Jahrzehnt auftraten, finden sich in einfachen Kreisen noch sehr lange erhalten, doch sämtliche Bildquellen der 100 Jahre dahingehen einzubinden/einzeln zu beurteilen würde den Rahmen eines Blogs sprengen, aber zumindest hoffen wir euch ein Gefühl für die Thematik in unserem Raum vermitteln zu können.
Die Mitte des 14. Jahrhunderts stellt eine Zeit des modischen Umbruchs dar. War die Mode im 13. Jh. noch eher konservativ und sehr langlebig, begann in ganz Europa ein Bedürfnis nach ständigen Veränderungen. Erst vom Adel getragen, wurden sie alsbald von der einfacheren Bevölkerung nachgeahmt.
Auch in Österreich kam es dazu, wie Heinrich der Teichner klagt:
„schawn wir dann die gestalt der man / so sind sy recht als ungetan. / Si vindt ainer ein newn schurcz. / Welcher den andern uber churczt / so wil ainer ganz ze kurz. / Hat dan ainer lankch an /So wil diesr zwir als lang / Under dann ein an vankch / In die weit mit der wat / So wirt er über weite trat/ Jeder man auch weiter will / Dort zewenig hier ze vil / Amit uf dy wil nymant gan.“ (Teichner, C. 276 a, v. 50-62)
Von dieser „neuen Kleidung“ bzw. neuen Sitte wird in zahlreichen anderen europäischen Chroniken, wie beispielsweise der Limburger Chronik, mit gemischten Gefühlen geschildert.
Um 1380 scheint dieser Wechsel von Mode und Nachahmung und damit verbundene Bedürfnis nach ständiger Abgrenzung nach unten bereits so stark gewesen zu sein, dass „Item in diser zit wart der snet von den kleidern verwandelt also, wer huwer ein meister was von dem snede, der wart ober ein jar ein knecht, als man daz hernach wol beschreben findet“ (MG Dt. Chr. IV/1, S.27 – Limburger Chronik? Quelltext suchen!)
Unabhängig vom Alter gaben sich die Menschen der Sünde der Hoffart hin und stellten ihren Reichtum und ihre Macht in der Kleidung zur Schau.
„es ist nur den leuten gach / wa ain hochvart ist entsprung / Dar auff vallent alt vnn iung“ (Teichner, B 151 b. 119-121)
Modetorheiten in der Steiermark, “aber auch in anderen Ländern” nach der “Anonymus Leobiensis” (Steiermark), um 1336:
“…in der Kleidertracht verschiedene Erfindungen und Neuerungen zum Vorschein kamen. Manche trugen an ihrem Rock den linken Ärmel von anderem Tuch; andere machten beide Ärmel so breit, dass er breiter als der ganze Rock war; andere machten beide Ärmel so lang [Anm.: vgl. z.B. Tacuinum Sanitatis]; noch andere verzierten auf verschiedene Art und Weise den linken Ärmel, sei es mit Seidenstickerei oder mit silbernen Zierraten; manche ließen mit Seide gestickte silberne Röhrchen den ganzen Ärmel entlang hängen; wieder andere trugen auf der Brust einen Einsatz von anderem Tuch mit silbernen oder seidenen Buchstaben bestickt [Anm.: vergleichbare Beispiele davon lassen sich aus dem italienischen Raum auf Werken von Affresco di Giovanni da Milano rund um 1365 beobachten]; andere trugen auf der linken Seite der Brust Porträts, bei wieder anderen war die ganze Brust von seidenen Kreisen umzogen. Fast alle aber trugen überdies die Röcke so eng, dass manche dieselben nicht ohne Hilfe anderer oder nur mittels Knopflöcher, welche von der Hand herauf bis zur Schulter sich über den ganzen Ärmel, und ebenso über Brust und Bauch hinzogen, an- und ausziehen imstande waren. Auch die Öffnung, durch die der Kopf gesteckt wird, erweitert sich so sehr, dass bei Leuten, die sich nach der Mode trugen, Schultern und Brust zum größten Teil sichtbar wurden. [Anm.: vgl. Abbildung des Speculum Humanae Salvationis, Königsfiguren am Stephansdom, Wenzelsbibel u.ä.] Die Säume ihrer Röcke pflegten sie auch wohl mit anderem Tuch auszustaffieren und zu schmücken, wie es einstmals die Narren trugen. [Anm: vgl. auch hierfür Giovanni da Milano] Auch machten sie zuweilen Einschnitte an den Enden der Kleider und trugen diese anstatt eines Saumes [Anm.: vgl. Zaddelmode, vgl. z.B. Tacuinum Sanitatis]. Ferner begann jeder Mensch Kapuzen zu tragen, selbst Bauern, Juden und Hirten, und der Brauch, dass Männer Mützen trugen, durch welche unter einer Mehrzahl von Laien der Christ sich vom Juden unterschied, hörte auf. Was das Haar betrifft, so scheitelten sie dasselbe entweder kaum oder ganz, wie die Juden und Ungarn. …
Zu denselben Zeiten trug man auch die Mäntel so kurz, dass zuweilen kaum das Gesäß von denselben bedeckt wurde. [Das Wiener Seydl wird als sehr kurz beschrieben, evtl. ist dies ein erster zeitlicher Hinweis auf das Aufkommen dieses Mantelstücks, urkundliche Erwähnung dafür kommen ab etwa den 1370er Jahren vereinzelt in Wiener Urkunden & Regesten auf]
Auch was das Seidenzeug betrifft, so begann sich darin selbst bei Knechten und Hörigen eine große Mannigfaltigkeit geltend zu machen gegen die alte Sitte der Ritterzeit. [vgl. Existenz einer Kleiderordnung in Wien um 1380!] Am Oberrock aber kürzten sich die Ärmel so sehr, dass sie den Arm kaum bis zum Ellbogen bedeckten, unterhalb des Ellbogens aber hing dafür ein Ding wie eine Fahne herunter.”[Anm.: vermutlich handelt es sich hier um die Mode der Tippets, etwa für die Zeit um 1360-1375 bereits in Wien im Speculum Humanae Salvationis sowie einem Detail der Skulptur der Katharina von Böhmen an der Westfront des Stephansdoms nachweisbar, Bild s. unter „Surcot“; oder aber es ist ein erster Hinweis auf das Aufkommen der Mode der Löffelärmel, welche im Bildmaterial etwa ab 1340 herum zunehmend im Bildmaterial auftaucht] [Anonymus Leobiensis in „Gotik in Österreich“, p. 20]
Alle historischen Bildquellen (mit wenigen Ausnahmen) entstammen der Bildatenbank des Instituts für Mittelalterliche Realienkunde Krems.