Hebammenwesen

Entgegen moderner Klischees, die Hebammen im gesamten Mittelalter als Personengruppe beschreiben, die konstant in Gefahr liefen als Hexen verbrannt zu werden war dieser Beruf tatsächlich ein ausgesprochen geachteter.
Dazu muss gesagt werden, dass erst ab dem späten 15. Und beginnenden 16. Jahrhundert eindeutige Quellen bekannt sind, die Geburtshelferinnen als anerkannte Berufsgruppe bestätigen.
In der Zeit davor muss wohl vermutet werden, dass die Aufgabe der Hebamme erst von erfahrenen Familienmitgliedern oder Nachbarinnen übernommen wurde und sich dann mit der Zeit Frauen herauskristallisierten, die diese Funktion fix übernommen, bis es schließlich ab dem späten 15. Jahrhundert in Hall in Tirol Dokumente gibt, die belegen, dass zu dieser Zeit tatsächlich zwei Hebammen von der Stadt selbst angestellt waren.
Die Stadt Hall bezahlte ein für diese Zeit sehr großzügiges Grundgehalt an die beiden Frauen, die Bezahlung die von den werdenden Eltern verlangt wurde, dürfte wohl eher Verhandlungssache und sehr wandelbar gewesen sein.
So gibt es eine Aufzeichnung, laut der eine dieser Hebammen in Hall als Versorgung zum Verzehr vor Ort von der betroffenen Familie für eine Nacht und einen Tag die sie an der Seite der „Kindbetterin“ gewacht hatte einen Laib Brot, eine gewisse Menge Käse und neun(!) Flaschen Rotwein erhielt.
Ob diese Mengen Alkohol tatsächlich für die Hebamme alleine waren oder als Anästhetikum verwendet wurden muss hier leider der Spekulation überlassen werden.
Wie sehr die Haller Hebammen geschätzt wurden geht sehr eindrucksvoll aus zwei Beispielen hervor:
Eine der Köchinnen des Landesfürsten wurde aus seinen Diensten entlassen, nachdem die Frauen und Familien der Stadt in einer Art Petition verlangten, sie frei zu stellen, da sie eine so begabte Geburtshelferin sei.
Zum anderen wurde dokumentiert, dass, als eine der beiden Stadthebammen zu schwer erkrankt war um ihr Handwerk noch auszuüben, die andere von der Stadt Hall eine nicht unerhebliche Gehaltserhöhung bekam, um den Mehraufwand zu entschädigen.

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Quelle: Moser, Heinz: Von Apothekern, Ärzten, Badern und Hebammen. Zur Geschichte des Gesundheitswesens der Stadt Hall in Tirol. Hall 1996.

Danke für diesen Beitrag an unsere „Hebamme“ (c) Hanna H.!

 

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