Die Pein mit dem Verein

16.01.2012 von Rotschopf in Über uns

Seit einiger Zeit beschäftigt uns, teils durch persönliche Erfahrungen, teils durch die Erzählungen Bekannter und Freunde, das Thema Verein.
Einen Verein zu gründen, ist in Österreich auch im Gegensatz zu anderen Ländern Europas nicht besonders schwer (lässt man mal die Paragraphenreiterei mancher Beamter außer Acht). Eine schriftliche Anmeldung und ein Monat später kann man schon im Vereinsregister verzeichnet sein.
Was sich jedoch immer als schwierig herausstellt, ist das Alltagsleben eines Vereins.

Vor der Vereinsgründung ist alles einfach. Jedem gehört das, was er sich selbst kauft, keiner ist zu irgend etwas verpflichtet, jeder kann kommen und gehen wie er möchte.
Doch im Vereinsgefüge ist das nicht so einfach. Einige Mitglieder müssen (schon rein rechtlich) offizielle Positionen und damit Verantwortung für den Verein übernehmen. Es gibt bei vielen fixe Regeln und nicht selten kommt auch eine gemeinsame Anschaffung hinzu. Wenn es einmal so weit ist, dass viele Menschen aufeinandertreffen und über Geldgeschäfte und realen Besitz einer Gemeinschaft entscheiden, ist Ärger vorprogrammiert.
Denn so ist es nun einmal, wo Menschen sind, da menschelts eben. Meinungen und Verhaltensweisen kommen zueinander und die müssen sich nicht zwingend ähneln. Und gerade wenn vom Verhalten des einen das Schicksal des Vereins abhängt und damit auch das Schicksal der anderen Vereinsmitglieder, geht es um etwas. Das ist nicht jedem egal. Man handelt jetzt nicht mehr individuell, sondern immer auch als Verein gemeinsam und gegenüber der Öffentlichkeit verantwortlich.

Ich kenne einige Leute, die uns erzählt haben, sie wollen mit Vereinen nichts mehr zu tun haben. Sie wurden enttäuscht, es ging um Geld, es ging um Stolz und es ging um Neid. Am Ende scheiterts selten am Fachlichen, sondern meist am Menschlichen.

Wie aber, diese Gedanken hatten wir uns schon vor Vereinsgründung gemacht, kann man solche Dinge verhindern? Wie kann man Missverständnissen entgegenwirken? Welche Werkzeuge hat man in der Hand, um Konflikte zu lösen?
Um es gleich ehrlich zu sagen, die wenige Erfahrung, die wir mit unserem Verein gemacht haben, sind nicht ausreichend, um hier Pauschalaussagen zu treffen. Aber wir glauben, ein ganz gutes Rezept gewählt zu haben und vielleicht gibt es euch ja ein paar Ideen. Im Besonderen möchte ich hier auf den Verein für lebendige Geschichte eingehen, das interessiert euch ja sicher am Meisten.

1) Klare, für alle einsehbare Statuten: Die offiziellen Regeln des Vereins, die auch an die Bundespolizei gesendet werden und die (im äußersten Fall), rechtliche Grundlagen für Gerichtsverfahren beinhalten, müssen klar einsehbar sein und für jedes Mitglied verfügbar. Günstig ist es, jedem Mitglied eine Kopie zu überlassen, um Missverständnisse gleich abzuwenden.

2) Der Verhaltenskodex: Dieser Kodex soll eine Art Hausregel des Vereins sein. Nicht nach außen, aber sehr wohl nach innen bindend. Unser Kodex beinhaltet zB wie wir uns auf Lagern verhalten, was unsere Darstellungs-Standards sind, wie der Aufnahmeprozess für neue Mitglieder abläuft oder auch rein technisches wie Regeln für Vereinstreffen und -entscheidungen.

3) Klare Standards: Bei der Aufnahme neuer Mitglieder ist eines immer klar: Niemand kennt das neue Mitglied. Keiner kennt seine Hintergründe, niemand weiß, ob er oder sie etwas zum Verein beitragen kann, charakterlich oder fachlich. Offene und klare Kommunikation sind hier alles. Der Verhaltenskodex sollte von Anfang an auf dem Tisch liegen. Standards für die Darstellung sind hier besonders wichtig. Welche Stoffqualitäten möchte der Verein standardisieren, welche Darstellungen kann das Mitglied wählen, um ein wertvolles Glied in der Kette zu sein. Eine festgelegte Eingewöhnungs- und Kennenlernzeit sollte vorher klar kommuniziert werden. Manche Charakterzüge findet man eben erst im Laufe der Zeit heraus. Auch haben wir zB klare Fristen für den Aufbau der Darstellung festgelegt, um die Qualität unserer Auftritte zu sichern. Auge zudrücken weil er  „ja so ein lieber ist“ oder „ja immerhin folgendes mitbringen könnte“ hilft dem Vereinszweck in den wenigsten Fällen.

4)Information: Eine Kommunikationsplattform stellt sich immer als günstig heraus. Wo werden Veranstaltungen angekündigt, wo finden sich Internetlinks, wo sammelt man Recherchetips? Günstig für neue Mitglieder ist die Aufstellung einer Bücherliste mit Basis-Informationen zur eigenen Darstellung, die dem neuen Mitglied nicht nur einen leichteren Einstieg in die eigene Recherche ermöglichen, sondern vor allem vermeiden, dass das Mitglied mit falschen Illusionen seine Vereinstätigkeit antritt.

5) Ehrlichkeit: Mit Zurückhaltung, Höflichkeit und Konfliktvermeidung hat es noch niemand zu einer Lösung geschafft. Ehrliches, wenn auch möglichst sachliches Ansprechen von Differenzen kann viele Missverständnisse schon bereinigen und vermeidet ein ewiges vor-sich-herschieben von Streit, der danach mit noch größerer Heftigkeit ausbricht. Mitgliedern, die sich das selbst nicht zutrauen, kann mit einer Art Ombudsmann/Mediator geholfen werden. Dieser könnte im Vorfeld schon vom Verein abgestellt werden oder von den Streitenden selbst gewählt werden.

6) Beschränkung: Für uns war von Anfang an klar, dass wir ein kleiner Verein bleiben möchten. Massenhaft Mitglieder anzuwerben und aufzunehmen hilft uns weder dabei, in unserer Tätigkeit gut zu bleiben noch dabei, menschlich alles in der Waage zu halten. Je mehr Mitglieder ein Verein hat, desto weniger kennt man sich untereinander und desto mehr persönliche Bedürfnisse muss man beachten. So schön wir es fänden, dass mehr Menschen sich uns in unseren Ideen anschließen, so wenig wollen wir doch, dass unser schönes Hobby hinter Streitereien um Kleinigkeiten vergessen wird. Bei wenigen Mitgliedern ist die Kommunikation einfacher, keiner kann sich hinter den anderen verstecken nach dem Motto „Das macht schon jemand.“ und es bleibt mehr Zeit für persönliches und Zwischenmenschliches.

7) Aufgabenverteilung: Die typische Aussage „alle sind Mitglied, aber im Endeffekt tun nur 5 was“, ist ein klassisches Vereinsphänomen. Klare Aufgabenverteilung und Verantwortungs-Verteilung wirken dem entgegen.

8) Demokratie: 2-3-jährlich den Obmann oder die Obfrau neu zu wählen und alle Mitglieder in Entscheidungen einzubinden (ab einer gewissen Gewichtigkeit) und danach über die Entscheidungen wenn nötig auch zu informieren, wenn das Mitglied nicht selbst da sein konnte hilft nicht nur der staatlichen Verwaltung sondern auch bei der Vereinsverwaltung.