Ankündigung: Bachritterburg 18.-19. Juli 2015
Lange Zeit wurde das Thema Kindheit im Mittelalter von der Forschung recht stiefmütterlich behandelt. Man schrieb den Menschen der Gotik eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber ihrem eigenen Nachwuchs zu, machte die hohe Kindersterblichkeit gewissermaßen zur Ursache für eine Nichtbeachtung der Kindheit als eigenen Lebensabschnitt. Auch das im 13. und 14. Jahrhundert florierende Ammenwesen schien nach außen hin ein Symptom für die fehlende Zuneigung zu nächsten Generation zu sein.
Die neueste Forschung hingegen hat sich massiv der Aufarbeitung historischer Quellen zum Thema Kindheit zugewandt und zeigt nun ein völlig anderes Bild. Von kirchlichen Ratgebern in Forn von medizinischen Traktaten zur Geburt und Säuglingspflege, über die erstarkte Mittelalterarchäologie, die eine Fülle von Spielzeugen ans Licht bringt, bis hin zu den liebevoll geschriebenen Briefen und Chronikeinträgen aus dem familiären Umfeld des Spätmittalters wird nun ein weitaus realistischeres, von Liebe, Sorge und Zuneigung geprägtes Bild gezeigt.
Schon die Schwangerschaft und die anschließende Geburt ist in zahlreichen Quellen ein damals immer wieder aufgegriffenes Thema – eine Vermengung christlicher Lehren, überliefertem Volks- und Aberglauben sowie einem aufkeimenden wissenschaftlichen Interesse.
Während die Hochgotik noch geprägt von nachbarschaftlich begleiteten Hausgeburten ist, sind mit der beginnenden Spätgotik bereits die professionellen Hebammen bereit in den Vordergrund zu treten, wenngleich diese erst mit dem Ausklingen des 15. Jahrhundert auch Zutritt in die geschlossenen Kreise des medizinischen Wissens der damaligen Zeit erhalten. Allerdings war die Kirche so gezwungen, ihre Lehren in Bezug auf das Thema Schwangerschaft und Geburt immer wieder zu überarbeiten, Richtlinien zu Geburtskomplikationen und Totgeburten zu erlassen und sich auch mit den Phasen der ersten Lebensjahre zu befassen.
Man gliederte die Kindheit, ebenso wie das ganze Leben des Menschen, in unterschiedlichen Phasen und bemühte sich jedem Abschnitt eine entsprechende Förderung zukommen zu lassen. Gerade die kirchlichen Quellen drängen nach einer Förderung der christlichen Werte in jeder Lebensphase und werden so zum Begleiter durch die mittelalterliche Kindheit.
All diese Aspekte sollen nun natürlich auch Eingang in die historische Darstellung mittelalterlichen Lebens finden. Da unsere Gruppe, die „Interessensgemeinschaft 14.Jahrhundert in Wien (IG14)“ sich derzeit in der glücklichen Lage befindet Kinder in nahezu allen dieser definierten Kindheitsphasen, vom „Wickelkind bis hin zum Lehrbuben“, zu ihren Mitgliedern zählen zu dürfen, wollen wir das Thema „Kindheit im Mittelalter“ also zu einem Schwerpunktthema unserer Belebung der Bachritterburg Kanzach am 18.-19. Juli 2015 machen.Während unser jüngstes Mitglied also die erste Phase der Kindheit „darstellen“ wird, ausgerüstet mit Repliken der ersten und frühen Kinderspielzeuge und unterstützt durch das historische und moderne Wissen einer Hebamme, setzt sich die Darstellung der Kindheit über die frühe, durch Spiel und persönliche Freiheit geprägte Phase fort und findet im Alter der Heranwachsenden, die bereits in die Welt der Erwachsenen hereinblickenden, ihren Abschluss.Von der Kleidung über die verwendeten und zur Verfügung stehenden Spielzeuge bis hin zu den ersten häuslichen und handwerklichen Aufgaben sollen alle Aspekte der Kindheit in unserer Darstellung einen Platz finden. Die hoffentlich begeisterte und produktive Mitarbeit unserer jüngsten Mitglieder wird zwar erwartet, kann aber natürlich nicht garantiert werden – So wie damals auch.
Weiters wollen wir zeigen, dass das Thema Spiel auch bei den Erwachsenen nie aus dem Fokus der Unterhaltung rückte. Daher wird auch das in zahlreichen historischen Quellen thematisierte sportliche Spiel und das allgegenwärtige Glücksspiel Thema der Belebung sein.
Über euren Besuch freuen wir uns bereits jetzt!