Rezepte: Verjus, das „grüne Gold“

24.01.2012 von Rotschopf in Historisches Kochen

Schon früher hab ich von diesem merkwürdigen Saft gehört, der sich angeblich wie Essig verwenden lässt. In einigen mittelalterlichen Rezepten kommt er als Säuerungsmittel vor, bevor er durch die höhere Verbreitung der Zitrone an Bedeutung verlor und als ich das erste mal las, was das genau ist, dachte ich nur: „Na servas, grauslig.“ Aber eigentlich kann er ja nicht grausiger sein als Essig, war meine Überlegung, ist immerhin der selbe Rohstoff. Und ich liiiiiiiebe Essig. Übrigens ist Verjus nur der französische Name, in mittelalterlichem deutsch heißt er „Agrest“.

Neulich habe ich aber gehört, dass die Produktion von Verjus neuerdings wieder in Mode kommt. Das kommt hauptsächlich daher, dass die meisten Winzer ihre Traubenstöcke beschneiden und einen Teil der Ernte wegfallen lassen, damit zB die guten Sachen im Weinstock in die wenigen verbleibenden Trauben übergehen, was die Qualität des Weins erheblich verbessert oder damit ein gewisses Maximalvolumen der Produktion bei geschützten Weinmarken eingehalten werden kann. Die abgeschnittenen Trauben (die noch grün sind zur Zeit der Auslese) wurden bisher immer liegen gelassen oder entfernt und weggeworfen, aber hier bieten sich natürlich ungenützte Potenziale, die man bei der Verjusproduktion einwandfrei nutzen kann.
Man findet Verjus also mittlerweile in einigen Bioläden, im Weinhandel, Spezialitätengeschäften und Reformhäusern und da er offensichtlich ankommt, muss er ja doch einigermaßen in moderne Geschmäcker passen. Angeblich wird er sogar in zahlreichen Senfsorten bereits seit Ewigkeiten verwendet, weil seine Säure so schön mild ist, anders als bei Essig und Zitrone. Genau genommen kann man jedes Rezept, ob süß oder sauer, statt mit Zitrone mit Verjus machen, gleiches gilt für Rezepte mit Essig.
Gestern hab ich ihn mal eingekauft, um ihn jetzt einfach mal zu probieren und ich muss zugeben, meine Neugier war kaum auszuhalten auf dem Weg nach Hause.

Und ich war, zugegeben, überrascht. Denn eigentlich ist es wirklich nur das, was draufsteht. Saurer Traubensaft. Und zwar sauer nicht im Sinne von fermentiert/vergärt wie bei Essig, sondern einfach nur im Sinne von: absolute Abwesenheit jeder Süße und überwiegend Fruchtsäure. Eben wie wenn man in eine unreife Traube beißt, aber ohne bitter zu sein. Man kann ihn also eher mit Zitronensaft vergleichen als mit Essig.
Aber trotzdem schmeckt es noch fruchtig nach Traubensaft. Und das macht sich eben ganz toll auch in Süßspeisen und gibt allem einen ganz tollen Geschmack. Man kann den Verjus zB auch mit Wasser aufgießen, das macht ihn zum sommerlich erfrischenden Getränk.

Und ich kann nur sagen: Ich bin ein absoluter Fan, ich sehe schon vor mir herrliche Frühlings- Blattsalate mit Verjus-Olivenöl-Dressing, das ich dann mit frischem Brot auftunken kann und dazu einen kühlen jungen Veltliner, sommerlich kühle Verjus-Topfen-cremen mit einem Hauch Honig auf leckerem Kuchenboden, ich denke sogar an Verjus-„Limonade“ für heiße Sommertage. Eine ganz neue Welt des mittelalterlichen und modernen Kochens tut sich hier auf.

Gekauft hab ich übrigens diesen hier, wenns euch interessiert und zwar den von der grünen Veltliner-Traube. Die Flaschen enthalten übrigens nur 500 ml, weil der Verjus innerhalb von 4 Wochen nach Öffnung schlecht wird und man ihn sonst nicht aufbrauchen kann:

Mehr Infos zum Kamptal-Verjus auf http://www.verjus.at/