Eine Garnache aus walnussbraunem Wollstoff

12.12.2011 von Rotschopf in Kleidung

Beim Bilderstudium der regionalen Quellen um 1350 wird einem hier in Österreich rasch bewusst dass Mann wenig Wahl bei den Mänteln hat:

primär finden sich in Illustrationen und Wandmalereien Cappa (eher im pontifikalen Bereich)und Tasselmantel – beides ein ziemliches No-Go vom praktischen Denken für einen Handwerker. Denn wie soll Mann (besonders im Rahmen eines Lagers, sprich praktisch gedacht) handwerken, wenn ihm unterdessen die Schnur die Luft abschnürt?
Kurios auch eine Aussage eines bekannten Wiener Stadthistorikers in einer schon älteren Publikation zur Wiener Geschichte, wonach Männer bis 1350 überhaupt keine Mäntel trugen… (vielleicht erfolgte diese sehr seltsam wirkende Aussage aufgrund der sprachlichen Definition von Mantel, da im Wiener Raum die Bezeichnung „Rock“ auch ein Mantel sein konne und für ziemlich jedes Oberbekleidungsstück mit rockähnlichem Schnitt verwendet wurde).

Gut, wir machten uns also erneut auf die Suche nach Belegen. Schließlich stießen wir auf einige Bilder, welche Männer mit einer sogenannten Garnache und Husse zeigten.

Ersteres Kleidungsstück existiert bereits seit der Mitte des 13. Jh. (z.B. Kreuzfahrerbibel, später auch im Codex Manesse) und ist ein Überziehmantel, welcher meist ungegürtet getragen wird und häufig pelerinenartig rund geschnittene, offene Ärmel besaß.
Die Garnache ist bodenlang, konnte aber bei Männern auch kürzer und mit Pelz verbrämt sein.
Arabischen Ursprungs, wurde die Garnache über Spanien und Italien erst in Frankreich in höfischen Kreisen modern, und häuft sich mit dem 14. Jh. zunehmend auch in den übrigen europäischen Ländern. Sie ist seitlich geschlitzt (im unterschied zur ärmellosen und durchgehend seitlich offenen Husse) und weist oftmals auch eine Kapuze aus. In unseren Breiten findet man die Garnache im Regelfall im Halsbereich geknöpft und ohne Kapuze, was die Kombination mit einer Gugel wahrscheinlich macht.

Die Frage, inwieweit die Garnache für einen Handwerker zulässig ist, muss offen bleiben, stammen die Bilddarstellungen primär aus dem höfischen Bereich. Sehr wohl allerdings finden sich für das Ende des 14. Jahrhunderts viele Schriftquellen für das sogenannte Wiener Seydl, welches der Garnache in seinem rockartigen Schnitt recht ähnlich gewesen sein muss, und bei Männern und Frauen des Bürgertums beliebt war. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Garnache im Wiener Raum dem Seydl/Seydlmantel entspricht oder eine Art Vorgänger war, aber leider finden sich diesbezüglich keinerlei eindeutigen Belege.

Einige österreichische Bildbelege:
Quelle: Imareal (Nummer entspricht Bildnummer im Suchindex)

003014B
1310-1320, St. Florian, Biblia Pauperum, cod. III 207 ; fol. 2r

005439B 
1330-1340,Biblia Pauperum, Wien, cod. 1198; fol. 2r – Hier handelt es sich offenbar um ein farbiges Imitat der Biblia Pauperum von St. Florian

011232
1335-1345 Fresko Oberdürnbach, Filialkirche St. Katharina, linker Herr mit Husse, rechter mit Garnache.

Rolands Garnache ist aus braunem, mit Walnuss gefärbtem Wollstoff und mit handgesponnenem, ungebleichtem Leinengarn genäht und mit 5 Stoffknöpfen im Halsbereich versehen. Eine Fütterung besitzt sie im Moment  noch nicht, ist aber im Laufe des nächsten Frühjahrs und der geplanten Färbewochenenden angedacht.

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