Das tägliche Gebet

18.12.2011 von Rotschopf in Geschichte, Literatur und Quellenrecherche, Realien

Ein großer Einflussfaktor auf den mittelalterlichen Alltag, den viele Menschen klar unterschätzen, ist die Religion.
In einer Welt, in der man ständig vom Tod abgeholt werden kann, da gewinnt das Leben nach selbigem natürlich eine große Bedeutung. Und die Art, wie man sein Leben verbringt, bestimmt maßgeblich die Art, wie man das ewige Leben verbringen darf.
Neben einem möglichst guten und aufrechten Leben, ist das tägliche Gebet ein Weg, wie mans ins Himmelreich schaffen kann.

Die mittelalterliche Version des Rosenkranzes oder besser gesagt dessen Vorgänger ist der Paternoster. Aus den Perlfunden lässt sich ja leider nicht sagen, ob der Paternoster geschlossen oder offen ist. Das können uns allerdings zahlreiche Abbildungen sehr gut zeigen (siehe Links unten).

Die Anzahl der Perlen kommt natürlich darauf an, wie man betet und das unterscheidet sich sicherlich in verschiedenen Regionen und kirchlichen Traditionen. Erst im späten 14. Jhdt regelt sich die Art zu beten ein bisschen mehr. Wir wählen für unsere Paternoster einen einfachen Rythmus von 5 x 10 Ave Maria auf 6 x 1 Vater unser.

Die Materialen sind dabei ein schwieriges Thema. Paternoster können aus den verschiedensten Materialien bestehen. Koralle, Bein, Horn, Edelsteine, Perlen, Gold, Silber. Die gewählten Materialien richten sich nach dem finanziellen Vermögen der Person, die ihn trägt (auch bei diesem Accessoir gilt, wer keinen tatsächlichen Schmuck tragen kann, nutzt jede Gelegenheit, um zu protzen), aber auch nach der Symbolik der einzelnen Materialien. Beispielweise steht der Bergkristall traditionell für göttliche Erleuchtung, Bein für die Vergänglichkeit und den Tod, Rosenquarz für die Jungfrau Maria usw. Die verwendeten Materialien vermitteln eine subtile Botschaft in religiösen Gegenständen. Aber das bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

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Das sind also unsere Modelle. Links Bein und Schaumkoralle mit Seide von Firiel und rechts dunkles Bein und Bergkristall mit Wolle von mir.

Wer übrigens geschichtlich korrekt auch den Rosenkranz beten möchte, der möge sich an den Pfarrer seiner Wahl wenden oder hier, hier und hier einmal nachschauen, wie man das denn auf Latein betet.

Zum Weiterlesen:

Tolle Arbeit über Paternoster

Über Paternosterer in England

Funde und andere Belege zu Paternostern

Abbildungen und Funde von Paternostern

Fundstück der Woche von Neues aus der Gotik

Fund von Paternosterperlen aus Schleswig

Eine Zwischenbodenverfüllung aus einem Kloster in Bludenz bringt unzählige Paternosterperlen hervor