Alte Fotos? Yes Please!
Grade hab ich was in alten Fotoalben von mir gesucht und bin dabei über eine Menge….interessanter alter Fotos von mir gestoßen.
Ich verheimliche ja gewöhnlich nicht, dass auch ich mal ein Gromi war. Ohhhhhhhja. Ohne Ziel und ohne Ahnung hab ich mich auf Wellen von Bier und Met über diverse Mittelaltermärkte treiben lassen. Und es war nun wirklich nicht so, als hätte ich daran keinen Spaß gehabt, leicht bis nicht bekleidet mit mehreren erst kürzlich kennen gelernten Leuten in einem Zuber zu sitzen oder barfuß vor der Dudelsackschallenden Bühne im Gras liegend zuzusehn, wie sich die Sterne über mir lustig drehen. Aber seien wir uns ehrlich, das hätte ich auf der nächsten Party mit Freunden aus der Pfadfindergruppe auch haben können (und auch da hab ich kaum was ausgelassen). Was ich suchte, das war was anderes und glücklicherweise wurde ich dann irgendwann aufgeklärt.
Begonnen hatte alles, da war ich so… 15 oder vielleicht auch 16. Ich hatte über einen Chatroom (für alle jüngeren Leser: diese Kulturerscheinung versteht ihr nicht mehr) einen netten jungen Mann kennen gelernt aus Pöchlarn (*wink* du weißt, wer du bist! Danke!), mit dem ich sofort auf einer Wellenlänge war und mit dem ich stundenlang quatschen konnte. Der hat mir, dem damals schon eingefleischten Rock- und Metalfan, ne CD gebrannt mit vielen vielen Mittelalterrockbands drauf und hat mir erzählt, sein Hobby wären so Mittelaltermärkte. Aha, dachte ich, sehr interessant. Und jung und esoterisch angehaucht und geschichtsinteressiert wie ich war gefiel mir das sehr gut. Mein erster Mittelaltermarkt war die Rosenburg. Das muss so 2004 oder 2005 gewesen sein. Ich hatte meine Eltern angebettelt, dass sie mit mir hinfahren und ich war hellauf begeistert. Ich hab damals viel selbst genäht schon und so musste ich mir auch was für den Mittelaltermarkt nähen. Denn – das wusste ich natürlich – da kann man nicht einfach nu so hin, wenn man dazu gehören will.
Tja. Mein erstes Outfit….Was soll ich dazu sagen? Ich hatte schlicht keine Ahnung, was ich da gerade tat. Das Hemd war aus einem alten Leintuch und der Rock war noch übergeblieben von einem Faschingskostüm von mir, denn – man halte sich fest – ich war im Fasching Agnes Bernauer. Ja. Ich denke, es is klar, wie ich zu dem Hobby kommen konnte und wieso ich nie zu den coolen Kids gehört habe. :-D Ich hatte das Ding aber glaubich überhaupt nur einmal im Leben an. Dann kam ich eine Weile nicht wirklich raus (genau genommen bis ich nen Führerschein hatte). So ist das mit den Landkindern, die sind einfach geplagt.
Der nächste Schritt, so vor 10 jahren ungefähr, war ein zweiteiliges Kleid aus Leinen. Irgendjemand muss mir wohl gesteckt haben, dass man im Mittelalter Leinenkleidung trug. Danke an alle, die ich damals gefragt hab, und die mir trotz ihrer eigenen Ahnungslosigkeit so tolle „Tips“ gegeben haben.
60 EUR hab ich übrigens allein in die Stoffe gesteckt damals, ich Depp! Und das mit 19 oder 20, wo ich eh kein Geld hatte.
Ich möchte bitte zur Verteidigung sagen, ich wusste bereits, dass der Gürtel quatsch war. Aber der is schon geil oder? Kunstleder, selbst konstruiert, die Schlingen haben sich wie bei nem keltischen Knoten perfekt umschlungen zu einer Triquetra. Man beachte bitte auch den gedrechselten Holzbecher im Kunstlederhalter am Gürtel, bei dessen Anblick ich heute nur noch die Hände überm Kopf zusammenschlagen kann. Dazu gabs Bundschuhe aus schwarzem Leder.
Als ich dann nach Wien umgezogen war, so 2009 war das, hatte ich dank kräftiger Hilfe von guten Darstellern aus dem Internet schon überkneißt, dass da was nicht stimmt und dass man mir bis jetzt nur Blödsinn gesagt hatte. Es ging schon in Richtung historische Kleidung. Alles noch maschinengenäht, aber ich hatte einen Schleier und Unterkleid aus Leinen, Riemchenschuhe von CP und ein Kleid aus Wolle.
Im Internet war damals noch nix mit online-Quellenrecherche, Blogs oder Instant-Anleitungen. Die einzigen Möglichkeiten, sich über das Hobby zu informieren, waren für mich das Mittelalterforum, Tempus Vivit und Tempora Nostra (Danke Gabriele für deine Vorarbeit!). Es hat sich wirklich enorm viel getan in den letzten 3-4 Jahren. Zu der Zeit war mein Ziel noch das 13te Jahrhundert.
Beim Ausgehn zu Mittelaltermusik-Konzerten war ich da immer noch so unterwegs, das war mir allerdings kein Widerspruch, ich war ein Grufti, es gewohnt, mit merkwürdiger Kleidung unangenehm in der Ubahn aufzufallen und das war ein Ausgehstyling für mich, das einfach nur aufgrund lähmender Faulheit beim Vorglühn zustande kam.
Das Konzert 2010, auf dem dieses Foto gemacht wurde, war für mich übrigens ein Wendepunkt, denn ich traf mich dort das erste mal im Leben live mit Firiel. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft und einer großen Hobbyleidenschaft. Wir hatten uns auch übers Internet kennen gelernt, nachdem wir in Wien beide niemand kannten, der ernsthafte Darstellung mit Handwerksorientierung gemacht hatte und beschlossen, wir machen einfach gemeinsam was.
Gemeinsam waren wir dann in Klamotten, von denen wir wussten, dass sie Scheiß waren, die uns aber freien Eintritt verschafft haben, auf Veranstaltungen, um unser Equipment zusammenzusuchen. zB. hier am HGM bei Graziano dal Barco, von dem wir unsere ersten wendegenähten Schuhe bezogen haben.
Ja und das hier war das erste Kleid, von dem ich mich traute, zu sagen, dass es fürs Living History verwendbar ist, 2011, naturgraue Wolle in Köperbindung, handgenäht mit handgesponnenem Leinenfaden nach Herjolfsnesvorlage, dazu ein brauner Ledergürtel mit Messingschnalle von Vehi Mercatus und von dem Schultertuch wusste ich bereits, dass es Quatsch war, für den Mittelaltermarktbesuch wars aber gut genug.
Damit machten Firiel und ich dann auch unsere ersten öffentlichen Veranstaltungen als Darsteller mit. Und ja, ich sehe das Problem mit dem etwas gar arg weiten Ausschnitt auch, das Kleid ist mittlerweile nicht mehr in Verwendung aus genau diesem Grund. Die Zwillinge bleiben jetzt immer schön bedeckt. Sonst kann ich aber auch nach mittlerweile 5 Jahren nicht wahnsinnig viel meckern an diesem Outfit :-)
Dieses Kleid hab ich nun seit 2013. Damals hatte Firiel übers Internet Leute aus Deutschland kennen gelernt, die von unserer Arbeit überzeugt waren und uns auf eine Belebung auf der Bachritterburg einluden. Und ich kann nur sagen, da fühlte ich mich endlich angekommen. Da, wo ich immer hin wollte. Historisches Leben nachempfinden, so wie es tatsächlich war. Ich wusste vorher nicht, dass man das auf diesem Level machen konnte, woher hätte ich es auch wissen sollen, sowas hatte ich noch nie gesehen. Die einzige „Belebung“ die wir davor mitgemacht hatten, war ein Mittelaltermarkt innerhalb der Räumlichkeiten einer Burg, absolut lächerlich, wenn ich heute drüber nachdenke. Das Wochenende auf der Bachritterburg war für mich das Beste, was ich bis dahin erlebt hatte. Ich war selten so fertig von einem Wochenende und gleichzeitig so glücklich, mein Ziel erreicht zu haben.
Dann lernte ich Nikolaus und Karl und ihre wunderbaren Familien kennen und die Idee der IG14 tauchte auf. Ein Verband von guten Freunden, die sich gegenseitig unterstützen, antreiben und motivieren, immer noch mehr Leistung zu bringen und neues auszuprobiern. Tja. Und das bin ich also jetzt. Und noch immer könnte man hier und da schon wieder was machen. Aber es hat sich eine Menge getan. Und ich kann nicht sagen, dass mein Weg kurz war. Dass man sich vor 13 Jahren im Internet informiert hätte, wie historische Kleidung aussieht, das war undenkbar. Dass man in Facebookgruppen alle Antworten auf dem Silvertablett serviert bekommt, noch überhaupt nicht möglich. Und dass es sowas wie museale Veranstaltungen gibt, davon wusste auf den Märkten kein Mensch was. Heute geht so viel mehr so viel leichter. Und ich glaube nicht, dass es jemand nötig hat, wie ich hunderte von Euro in Ausrüstungsteile zu stecken, die einfach totaler Mist sind und die man dann irgendwann in die Tonne kloppt.
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