Textiles Handwerk: Die Geschichte des Nadelbindens

08.02.2010 von Rotschopf in Archäologie, Geschichte, Textilverarbeitung

Das Nadelbinden ist eine Textiltechnik, welche man als Vorgänger des heutigen Strickens bezeichnen könnte. Sie wird mit einer ca. 8-12 cm langen Nadel, vergleichbar mit einer Sticknadel, meist aus Holz, Knochen oder Geweih geschnitzt, und in den meisten Fällen mit 2-fach verzwirntem Wollgarn ausgeführt (Z-verspinnt, S-verzwirnt). Allerdings gehen auch alle anderen Wollarten, besonders gut jedoch verfilzbare Wolle. Im Unterschied zum Stricken wird beim Nadelbinden mit kurzen Fäden gearbeitet, heißt es muss immer wieder durch Verfilzen der Fadenenden ein neuer Faden angearbeitet werden.
Nadelbinden ist auch als Nalbinding, Naalbinding, Coptic Knitting, Schlingentechnik, Nailbinding etc. bekannt.

 

Zur Geschichte des Nadelbindes und der Fundlage:

Die Technik des Nadelbindes ist anhand von Funden bis zurück um 6500 v. Chr. in Israel belegt, in Dänemark um bis 4200 v. Chr.;
Das Nadelbinden verlor im Verlauf des Hochmittelalts zunehmends an Bedeutung als sich das heute allgemein bekannte Stricken (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fc/KnittingMadonna.jpg ) im Verlauf des 14. Jh. zunehmend unter der Bevölkerung durchsetzte, trotzdem ist die Technik in verschiedenen Ländern bis heute immer wieder in Verwendung und lebt besonders durch das Interesse der Living History-Szene wieder auf.

Während zur Zeit der Wikinger die zahlreichen Funde auf auf einen Gebrauch der Technik bei der Allgemeinbevölkerung schließen lassen, gibt es für das zentraleuropäische Hochmittelalter primär Funde aus dem pontifikalen Bereich, was die (an sich logische) Schlußfolgerung, dass auch das einfache Volk sich mit genadelten Handschuhen vor der Kälte schützte, nicht eindeutig belegen lässt. Eine Ausnahme stellt hier wiederum der nordische Raum dar.
Mützen sind als Funde nur aus dem asiatischen bzw. afrikanischen Raum bekannt, mit Ausnahme der Mütze des Hl. Symeons.
Auch als Beutel, Gewandabschlüsse, bzw. für Hemden, sowie für Milchsiebe war die Technik zu unterschiedlichen Zeiten beliebt.

Um nur einige Fundobjekte und Fundorte zu nennen:


Bilder und Infos zu einigen der bekanntesten Funde:

http://web.archive.org/web/20060224225735/www.dueppel.de/nadelbind/nadelbkat.htm
http://web.archive.org/web/20051016024304/www.vajanto.net/neulakinnas/fragments.htm
http://stolte.files.wordpress.com/2008/03/nalbindning.pdf

Die Stiche:

Die Stiche werden oftmals nach den Funden benannt. Um nur die wichtigsten bzw. bekanntesten zu nennen:

  • Einfache Nadelbindung (Buttonholestitch) ( F1 B1 -/-O)
  • Dänischer Stich (F1 O/UO)
  • Coptic Stitch/Tarimsstich
  • Oslo Stich (F1 UO/UOO)
  • Mammen Stich ( F2 UOO/UUOO)/ Korgen Stich (F1 UOO/UUOO)
  • York Stich (F1 oder F2 UU/OOO)
  • Brodén’s Stich (F1 oder F2 UOOO/UUUOO)
  • Dalby Stich (F1 UOU/OUOO)
  • Coppergate Stich/ York Stich (F2 UU/OOO)
  • Saltdal Stich (F1 oder B1) UUU/OOOU)
  • Åsle Stich (B1 F1 U(U)O/UO:UOO)
  • Omani Stich (F1 U(U)(OO/UU)OOO:UUUOO)
  • Müsenstich (Mid2 UOO/UUOO)
  • Finnischer Stich (F2 UUOO/UUOOO F2)


Weitere Stiche, Stichproben, Grundanleitung:

http://web.archive.org/web/20070901084049/www.geocities.com/sigridkitty/variants.html
http://home.arcor.de/bedankbar/deutsch/anfang.htm
Die U und O, nach Hansen, beschreiben hierbei ob die Nadel über oder unter dem Faden durchgeführt wird, der Schrägstrich den Richtungswechsel. F1 und F2 sind sogenannte Verbindungsstiche, die angeben in wieviele Maschen der Vorreihe eingestochen wird.
Es kann entweder über dem Daumen nadelgebunden werden (Daumenfesselungstechnik) oder, da viele Stiche anders nicht ausführbar sind, das Gewebe zwischen Daumen und Finger haltend.

Quellen:

http://www.die-epposteiner.de/nadelbinden.htm
http://web.archive.org/web/20060224225735/www.dueppel.de/nadelbind/nadelbkat.htm
http://web.archive.org/web/20051016024304/www.vajanto.net/neulakinnas/fragments.htm
http://www.cs.vassar.edu/~capriest/nalebind.html