Keramik 1 – Becher ist gleich Becher…oder?

23.12.2012 von Rotschopf in Hafnerei, Handwerk

Eigentlich hatte ich geplant, nur einen Artikel über Keramik zu schreiben, allerdings ist das Thema hochkompliziert und extrem umfangreich. Und ich will euch ja praktische Tipps geben statt chemischer Formeln (vor allem, weil ich selbst kein Chemiker oder Physiker bin). Darum gibts jetzt mehrere Beiträge zu diesem Thema. Vielleicht fangen wir einmal mit den Grundsätzen an, das wichtigste für alle, die in Zukunft kaufen wollen und danach gehts für Interessierte weiter.

Bei (Gebrauchs-) Keramik unterscheidet man zwischen poröser Irdenware und dichter Sinterware…

Sinterware:
Sintern muss man sich so vorstellen, wie wenn man Kuchenteig ins Backrohr stellt, die einzelnen Bestandteile verbinden sich zu einer festen, einheitlichen Masse. Allerdings schmilzt die Masse nicht wie bei Glas vollständig (obwohl manche Porzellanarten schon sehr nah an der Verglasung dran sind). Das Produkt ist wasserundurchlässig und eignet sich hervorragend als Speisegeschirr, da sie sich leicht reinigen lassen und keine Feuchtigkeit saugen. Bei den meisten Materialien passiert die Versinterung ab ca 1200 Grad. Zum Vergleich: ein normales Lagerfeuer hat ca 400-600 Grad. Sinterware eignet sich nicht zum Kochen auf offenem Feuer, da sie meist die Spannung durch die Hitzeeinwirkung nicht ausgleichen kann und springt.
Folgende Produktbezeichnungen sind Sinterware: Steinzeug, Porzellan

Irdenware:
Hatten wir vorher den Kuchen, so ist das hier eher ein Auflauf. Irdenware wird unter 1200 Grad gebrannt (jedes Material hat eine andere Sintertemperatur) . Die Keramikmasse verfestigt sich nicht komplett. Dadurch lässt sie feine Poren übrig, die Wasser saugen.
Nichtsdestotrotz kann man sie natürlich als Speisegefäße nutzen. Beispielsweise hält die Verdampfung der Flüssigkeit an der äußeren Oberfläche das Gefäß kühl, ideal also für Getränke im Sommer.
Solche Gefäße sind übrigens auch perfekt für Kochgeschirr zum Beispiel zum Kochen auf offener Flamme. Nicht nur, dass sich die Massen bei Irdenware leichter ausdehnen können, man kann das Geschirr auch vor dem Kochen wässern und damit eine gleichmäßige Erhitzung bedingen.
Dicht werden Kochgeschirre allerdings irgendwann von selbst. Die eindringenden Eiweiße bilden eine feste Patina. Man kocht beispielsweise gleich als erstes Milchgerichte in solchen Geschirren, dann saugen sie nicht mehr. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit von Glasuren und Engoben (dazu mehr im nächsten Beitrag)
Folgende Produktbezeichnungen sind Irdenware: Steingut oder Steinware(moderne Keramik, die im 18. Jhdt entwickelt wurde), Tonware, Terrakotta

Erst im Laufe des 13. Jhdts entwickelten sich Öfen, die leistungsfähig genug waren, Sinterzeug herzustellen und bis zu 1300 Grad erreichen konnten. Auch die meisten modernen (Hobby-) Brennöfen brennen bei Temperaturen zwischen 1000 und 1200 Grad, der Großteil der  Ware, die auf dem Markt erhältlich ist, ist also Irdenware. Ihr solltet beim Kauf immer nachfragen, welches Material mit welchen Brenntemperaturen ihr da vor euch habt und ob es sich gegebenenfalls zum Kochen eignet.
Übrigens habe ich einmal aus Gefäßen getrunken, wo das Getränk dann nach Erde/Ton schmeckte. Das ist natürlich nicht schädlich, schmeckt aber nicht so gut und bedeutet meistens, dass die Gefäße nicht heiß genug gebrannt sind (dass sich also Teile der Masse noch lösen). Wenn solche Ware unterkommen sollte, bringt sie am Besten zum Töpfer eures Vertrauens und fragt, ob er euch da helfen und noch einmal nachbrennen kann.

Weiter gehts demnächst mit der Frage Glasur – ja oder nein.
Teil 3 – Keramik Formen in Wien
Teil 4 – Töpferscheibe oder Werktisch
Teil 5 – Brennofen