Ein Seidendildo – Ein Beitrag zur #pluckingroses Challenge

07.12.2020 von Rotschopf in Fun, Textilverarbeitung, Weiberzeug

Ich konnte nicht widerstehen, eine weitere tolle Textquelle umzusetzen und noch einen Beitrag zur #pluckingroses Challenge zu machen.

Meine Rekonstruktion leitet sich diesmal aus einer Gerichtsakte aus dem Ende des 13. Jahrhunderts ab. Es handelt sich um die Akte einer gewissen Frau Bertolina, genannt „Guercia“ aus Bologna, die wegen Sodomie (also dem, was man damals als unnatürliche Sexualpraktiken verstand) vor Gericht stand. Genaueres über ihre wahrlich faszinierende Geschichte lässt sich in diesem tollen Podcast (als Transkript in diesem Artikel hier) finden. Ich kann die Lektüre wirklich empfehlen, denn Bertolina war wohl eine wirklich ungewöhnliche Frau und meiner Meinung nach ein Bild weiblicher Emanzipation im Mittelalter.

In der Gerichtsakte wird beschrieben, dass Guercia zum Sex mit anderen Frauen Dildos unterschiedlicher Größe aus Seide nutzte, die sowohl über einen Schaft als auch über imitierte Testikel verfügten. Leider gibt es keine Details, wie diese Dildos genau funktionierten und womit sie wohl gefüllt waren, also habe ich es einfach ausprobiert.

Meine Rekonstruktion ist schlicht feiner weißer Seidenstoff, den ich zusammengenäht und mit Flocken aus Schappeseide dicht gestopft habe und dann zugenäht. Die Konstruktion ist zweiteilig und der Schnitt eigentlich ein wirklich simpler Schlauch und daran ein Herzförmiges Testikelteil. Letzteres ist zugegeben etwas unverhältnismäßig klein, aber ja ohnehin nur schmückendes Beiwerk :-) Bevor jemand sagt, dass es sich hier um eine unrealistische Größe handelt, mit 17 cm ist der Kollege hier im oberen europäischen Durchschnitt (jawohl, ich hab das gegoogelt!) und damit hervorragend geeignet für diesen Verwendungszweck.

Dicht gestopft ist die Festigkeit durchaus überzeugend, ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass das schon ausreichen würde, um einen erigierten Penis zu imitieren, mit einem umpolsterten Holzkern könnte man auf jeden Fall noch mehr Stabilität schaffen, wenn man ihn großer Strapazierung aussetzen wollte.

Besonders positiv bin ich überrascht von dem Feeling der Seide. Ich muss sagen, ich könnte mir neben superfeinem, superweichem sämisch gegerbtem Hirschleder kaum ein im Mittelalter verfügbares Material vorstellen, das näher an das Gefühl von echter Haut heran kommen könnte. Und sozusagen aus persönlicher Erfahrung, besonders der Haut an genau dieser Körperstelle ;-)

Klar ist natürlich, dass so ein Teil bei mehrmaliger Nutzung eher unhygienisch ist und man sich hier sozusagen um eine Blasenentzündung oder Pilzinfektion bewirbt. Andererseits könnte man durch auskochen, was die Seide bei entsprechender Behandlung auch klaglos mitmacht, durchaus eine gewisse Reinigung bewirken.

 

Zum Weiterlesen: 

Seeing Sodomy in the Middle Ages, Robert Mills

 

Verwandte Beiträge

Die folgenden Beiträge könnten Sie ebenfalls interessieren:

Aristoteles und der Käse – Ein mittelalterliches Kontrazeptivum – #pluckingroses

Dies ist nun mein Beitrag zur #pluckingroses challenge. Falls ihr noch einmal die Regeln der Challenge nachlesen möchtet, diese findet ihr im verlinkten Artikel. Weitere Beiträge könnt ihr zB auf Facebook und Instagram finden. Für die Challenge habe ich ein magisches Amulett gemacht, das als Verhütungsmittel wirken soll. Ein relativ unspektakuläres Stück aber mit einer […]

#pluckingroses – Eine Challenge für Geschichtsdarsteller

Dieses Jahr haben wir alle auf unterschiedlichste Weise versucht, dieser Krise zu begegnen. Verschiedene Gemeinschafts-Aktivitäten im Onlinebereich und challenges im Hobby haben die Szene zusammengebracht, obwohl kaum einer jemand anderen treffen konnte. Mir hat es bei den vergangenen Challenges fürs Hobby (siehe meine Projekte auf der IG14 Facebookseite) super gefallen, zu einem recht spezifischen vorgegebenen […]

… gegens Stinken & Schweiß: Wäsche waschen im Spätmittelalter

Heute möchten wir euch ein wenig die Thematik des „Wäsche waschens“ im 14.-15. Jh. näherbringen, wobei zu erwähnen ist, dass sich das Wäsche waschen bis ins 20. Jh. hinein nur minimal vom mittelalterlichen Vorgang unterschied.