Strohhüte und eine Reko
Anlässlich des „Straw hat month“ April hab ich mich wieder an ein liegengebliebenes Projekt gesetzt, den Strohhut in der Technik der Lengbergfunde. Den hatte ich eigentlich im August schon auf der Bachritterburg begonnen. Da ich kürzlich für eine andere Darstellung von mir mit Hüten aus Strohborten experimentiert hatte, hatte ich noch sehr viel Material übrig.
Zeitlich ist der Hutfund etwas später angesiedelt als wir (1400 bzw frühes 15tes Jahrhundert), die Technik ähnelt auch diesem Modell hier aus dem späten 15ten Jahrhundert und man kann sie in vielen Abbildungen der Zeit auch sehen.
Und einen weiteren Fund gibt es 15th-16tes Jahrhundert, Kempten von welchem ich durch einen guten Freund tolle Fotos erlangen konnte.
Für das 14te Jahrhundert gibt es ja verschiedene Möglichkeiten an Modellen.
In meiner Pinterest Sammlung habe ich auch einige weitere Funde und Abbildungen aus verschiedenen Abschnitten des Mittelalters vereint.
Beispiele aus Originalabbildungen:
Da hätten wir zB das Modell „Blumentopf“ (Lilienfelder Chronik um 1349), eine Form die zu Anfang des 14ten und auch im 13ten Jahrhundert sehr populär ist in verschiedenen Ausprägungen (Bozen, St Johann im Dorfe Kirche, Fresken um 1360). Hier zB mit abgesetzem Rand (Speculum Humanae Salvationis um 1350).
Ganz besonders bekannt aus der Maciejowski Bibel. Aber auch noch im späten 14ten Jahrhundert populär (Einzug Christi in Jerusalem, um 1390 Kärnten).
Dann dieses Ufomodell hier aus der Manesse, von dem ich aber vermuten würde, dass es in einem stück geflochten ist. Auch hier zu sehen (Meditations on the life of Our Lady (BNF It 115, fol. 8v), ca. 1330-1340) oder hier oder auch hier, wobei das schon fast wieder eine Blumentopfform ist.
Ein absoluter Klassiker aus dem Luttrell Psalter, der auch heute noch beliebt ist, großer Schirm und halbrunder Mittelteil. Hier zB noch einmal (aus Hluboka nad Vlatavou, Tschechien/Böhmen um 1375).
Ich nenne dieses Modell hier den „90er-Jahre Hut“, weil er aus dem Tacuinum sanitatis aus den 1390ern stammt, man in den 1890ern eine ähnliche Form trug (man nannte sie den „Boater“) und dem Modell ähnlich sieht, das der Typ in der 90er Jahre Liebeskomödie „Looser“ trägt :-D (übrigens gibts zu so einer Form einen Fund aus Novgorod aus dem 8. Jahrhundert)
Auch aus dem Tacuinum Sanitatis stammt dieses Chinesische Reisernte Modell hier, das sich auch mit dieser spät-14tes Abbildung aus der gleichen Region deckt. Gibts auch in fancy mit roten…. Bommeln?… dran.
Besonders gelungen find ich dieses Robin Hood-Möchtegern Modell aus Stroh hier, das man auch in den Fresken der Burg Runkelstein in Südtirol finden kann, wo man noch besser die Machart aus den Borten erkennen kann. Beides Ende des 14ten Jahrhundert. Könnte was für unsern Hutfan Niko sein.
Eine Vielzahl an Modellen also, DIE Hutform für das 14te Jahrhunder gibt es wohl nicht. Ich habe mich also an ein Modell gehalten, das dem Original näher kommt. Der Klassiker.
Die Technik ist eine bis heute noch verwendete, der Hut besteht gänzlich aus Strohborten. Von der Barocken Bergere über den antiken griechischen Petasos bis hin zur Biedermeier-Schute kann man damit alles gestalten, was man sich ausmalen kann. In diesem Video hier wird gezeigt, wie man es macht. Eigentlich werden nur Strohbortenstreifen aneinander gelegt und vernäht, wie man hier in einem Detailfoto des Originalfundes sieht. Das Formen der Borte ist eigentlich keine große Kunst, wenn man etwas räumliches Vorstellungsvermögen und ein bisschen Kraft in den Fingern hat. So sieht das bei mir aus:
Zu gerne hätte ich auch das Rohmaterial, die Borte selbst hergestellt, aber es hat sich leider herausgestellt, dass an langes Stroh zu kommen gar nicht so einfach ist in Zeiten des Mähdreschers. Glücklicherweise verkauft der Seilereibetrieb meines Vertrauens aber fertige Strohborten zu 16 EUR auf 50 Meter, was mehr als genug für ca 3-4 Hüte ist. Zum vernähen nehme ich einfach eine dickere Nadel und festen Leinenfaden. Gesamtkosten für das Material liegen also bei vielleicht 5 Euro.
Ein bissl krumm ist er noch, glücklicherweise kann man das aber leicht durch feuchtes Positionieren und antrocknen lassen in Form bringen. In diesem Sinne sind Strohhüte wirklich pflegeleicht.
Völliger Offtopic Hinweis: Was Strohhüte so alles anstellen können o.O
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