Stoffe „Grün färben“ oder die Frage „Eisensulfat Ja oder Nein?“

30.03.2019 von Rotschopf in Literatur und Quellenrecherche, Pflanzenfärben

Gastbeitrag von Regina Wild

Irgendwann kommt (fast) jeder Living History-Darsteller mal in die Versuchung Stoffe selbst mit Pflanzen zu färben. Meist hilft zu Beginn ein Buch über Pflanzenfarben (z.B.: „Naturfarben auf Wolle und Seide“ von D. Fischer) mit praktischen Anleitungen und schon fängt man an.

Sobald man die ersten schönen Resultate erzielt, beginnt die Sucht. Ab jetzt wird alles in den Färbekessel geschmissen und wenn es die eigene Großmutter ist – nur um zu sehen, welche Farbe der Wollstoff  (oder die Großmutter) danach hat.

Nach einiger Zeit stellen sich aber dann manche die Frage: Welche Färbedrogen wurde eigentlich im Zeitraum verwendet, den ich darstellen möchte? Gibt es Färberezepte aus dieser Zeit? Was zeigen uns die Textilfunde?

Und genau an dieser Stelle beginnt jetzt der eigentliche Beitrag:

Jeder der irgendwie, irgendwo, irgendwann mal was mit Färben mit Pflanzenfarben zu tun hatte kennt das „Nuancieren“ von Gelb zu Grün mit Eisensulfat (bzw. Eisenvitriol):

Ein gelbgefärbter Stoff wird nochmals in die Färbeküppe gegeben, die zuvor mit Eisensulfat „angereichert“ wurde. Ca. 15 min. schwimmt er darin (Achtung: Ohne an die Luft zu kommen, sonst gibt es Flecken) und kommt dann grün heraus. Somit also eine einfache Methode um grünen Stoff zu bekommen.

Das sind Wollstoffe, die ich April 2011 mit Birkenblättern gefärbt und mit Eisensulfat weiterentwickelt habe. (Hier ein kleine zusätzliche Information: Birkenblätter lassen sich ebenfalls nicht in den Rezeptbüchern feststellen. Sie werden zwar bei Ploss („Ein Buch von alten Farben“) erwähnt, aber ohne genauere Quellenangabe. Bei den Textilfunden kann keine genaue Angabe gemacht werden, da nur nachgewiesen werden kann, ob die Färbung den Naturfarbstoff Quercetin enthält (Quercetin ist ein Flavonoidfarbstoff und die Birke gehört zu der Klasse der Flavonoide)

Wenn man aber die Quellenlage des Hoch- bzw. Spätmittelalters durchforstet, schaut es jedoch ganz anders aus. Gerade bei den deutschsprachigen Rezeptbüchern findet sich kein Färberezept für eine Grünfärbung mit Eisenvitriol. Struckmeier zeigt in ihrem Buch „Die Textilfärberei vom Spätmittelalter bis zur frühen Neuzeit“ eine genaue Auflistung der Färbedrogen und wie oft diese erwähnt werden.

Die häufigste Erwähnung findet dabei „Grünspan“ (bei Google-Books kann man diese Tabelle genau einsehen)

An zweiter Stelle findet man Kreuzdornbeeren, jedoch braucht man (lt. Struckmeier) eine Grünspanbeize bzw. muss für die Färbung ein Kupferkessel verwendet werden. (kleine Anmerkung Grünspan ist ein Kupferacetat).

 

Eine weitere Möglichkeit, Grün zu erzielen ist eine Kombination aus Gelb und Blau.

Gerade diese Färbung kommt laut Schweppe in seinem Buch „Handbuch der Naturfarbstoffe“ in der Zeit des Hoch- bzw. Spätmittelalters sehr häufig vor– sei es bei den Textilfunden, wie auch bei der Erwähnung in den Rezepten der flämischen Färber. Sie färbten das satte Grün mit einer Mischung aus frischen und vergorenem Waid, da so der Farbstoff Indigo sowie die Flavonoidfarbstoffe Quercetin und Kämpferol enthalten sind….. oder einfach gesagt: Blau und Gelb

Ähnlich die grünen Färbungen der Florentiner. Diese färbten zuerst in einem Färbebad mit Waid blau und danach in einem zweiten gelben Bad mit Reseda.

 

„ABER WO BLEIBT DAS EISENSULFAT?“ Genau – wo bleibt es? Findet es gar keine Erwähnung? Doch und zwar in den Färberezepten für Grau und Schwarz. Hier wird es in Kombination mit gerbstoffhaltigen Rinden bzw. Galläpfeln verwendet.

Und zur Ergänzung sei noch erwähnt, dass bei den Textilfunden des Spätmittelalters (lt. Schweppe) in den Doppelfärbungen Indigo/Luteolin (Farbstoff kommt im Reseda bzw. Färbeginster vor) auch unterschiedliche Metallzusätze gefunden wurden – darunter auch Eisen. Somit wurde zwar Eisen nachgewiesen, aber nie alleine, sondern nur in Kombination mit Indigo bei der Grünfärbung.

Bevor jetzt ein Aufschrei durch die Runden geht „Verbrennt euren falsch gefärbten grünen Stoff!“ und jetzt alle zum Kupfer- statt Eisensulfat greifen – hier ein kleiner Zusatz:

Jeder der eine Freude am Färben mit all seinen Facetten hat, soll das bitte weiterhin machen. Sinn dieses Beitrags ist, aufzuzeigen, was die aktuelle Fundlage bzw. Quellen berichten.

Kupfersulfat statt Eisensulfat zu verwenden ist keine Alternative, da dieses sehr giftig für Menschen und speziell für Wasserorganismen ist. Es sollte nur unter Laborbedingungen verwendet und Rückstände MÜSSEN professionell entsorgt werden.

Wer aber nach diesem Artikel das „Eisensulfat“ aus seinen Kleidern loswerden möchte – hier ein kleiner Tipp: Einfach nochmals die Textilfasern mit Alaun beizen, dann verschwindet die grüne Farbe wieder und zurück bleibt die gelbe Färbung.

Verwandte Beiträge

Die folgenden Beiträge könnten Sie ebenfalls interessieren:

Färben mit Kreuzdornbeeren

Gerade in den Färberezepten des Spätmittelalters (vgl. auch diese PDF mit einer Sammlung historischer Rezepte für Färberei und Buchmalerei) sticht eine Färbepflanze bzw. Färbe“frucht“ immer wieder z.B. in der Garnfärbung , vermehrt aber als Farbpigment in der Buchmalerei hervor: Die Kreuzdornbeere.

Färbeanleitung: Indigo / Färberwaid

Bei Indigo handelt es sich um einen sogenannten Küpenfarbstoff. Indigo selbst ist wasserunlöslich und muss daher erst einer Reduktion in alkalischer Lösung mit Natriumdithionit unterzogen werden. Dadurch in wasserlösliche Form überführt, zeigt sich bei der Erwärmung auf ca. 50 Grad Celsius eine gelbbräunliche Farbe, das sogenannte Leuko-Indigo. An der Oberfläche bildet sich oftmals bläuliche Blasen, […]

Bunte Tage in Carnuntum

Rechtzeitig zum bald anstehenden Saisonende haben wir ein chilliges Spätantiken-Wochenende in Carnuntum mit den Gentes Danubii genutzt, um unsere Stoffvorräte ausreichend für die Näherei im Winter aufzufüllen. Gut 30 m Wollstoff wurden in Walnuss bzw. Reseda braun, gelb und grün gefärbt. Gut die selbe Menge wurde für die Krappfärbung gebeizt.