Ein goldbroschiertes Seidenband

13.04.2021 von Rotschopf in Kleidung, Realien, Textilverarbeitung

Ich hatte jüngst überaus überzeugenden falschen Goldlahn erworben und natürlich stehen jetzt einige Projekte auf meiner Liste, die ich immer schon einmal verwirklicht sehen wollte.
Eines davon ist ein goldbroschiertes Filetbändchen/Stirnbändchen, für das ich mich von einem Fund inspirieren hab lassen.

Inspirieren deshalb, weil das Original noch leicht anders gefertigt ist. Es handelt sich um das Brettchenwebfragment mit der Nr 420 aus den Londonfunden aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts (falls ihr das Buch dazu noch nicht habt: Seriously, warum??), das im Original zwar die gleiche Webbreite von 4mm und Brettchenanzahl und das gleiche Muster an der Oberfläche hat, die Fäden bilden aber an der Hinterseite noch ein Negativmuster, sprich, zu „Lebzeiten“ war dieses Bändchen wohl von beiden Seiten zu sehen und das finde ich, passt eher zu etwas, das nicht irgendwo aufgewebt oder aufgestickt ist, sondern das alleinstehend verwendet werden kann. Es wurden auch keine Stiche von etwaigen Befestigungen gefunden, die es z.B. hätte, wenn es irgendwo aufgenäht wäre oder z.B. den Rand eines Haarnetzes bilden würde.
Noch dazu ist das hübsche Muster mit den winzigen Medaillons in Kreisform und Vierecken mit kleinen Kreuzen darin eigentlich in der Form Gürteln und anderen alleinstehend verwendeten Brettchengeweben der Zeit angepasst und imitiert so ein bisschen den Look der in der Zeit modischen Riemenbeschläge, die wir zB auch auf Seidengürteln mit einfarbiger Gestaltung öfter finden. Ein Haarband oder Filet/Schapelbändchen würde sich da eigentlich gut als Verwendungszweck anbieten. Wenn ihr gerne noch mal nachschauen möchtet, wie es mit den Nachweisen für textile Schapele ausschaut, hab ich hier auf Pinterest ein bisschen gesammelt.

Gefertigt habe ich es aus Indigo-Reseda gefärbtem Seidengarn, wie immer von meinem Lieblingsanbieter Archäotechnik – Textile Fläche. 9 Brettchen, die abwechselnd S/Z bespannt sind und einfach kontinuierlich nach vorn gedreht, bis es nicht mehr ging und dann zurück bis es nicht mehr ging. Und klar, darauf wurde dann entsprechend broschiert. Hier das Schema, das ich dafür angefertigt habe für alle, die es interessiert.

Die Ränder sind noch nicht hundertprozentig da, wo ich sie gerne hätte, hab mir sehr schwer getan mit dem Festziehen des Goldlahns, weil er sich so blöd mit der feinen Seide verhakt.

Und so sieht das Ganze dann getragen aus mit Haarnetz. Oh, wie es hübsch glitzert! <3

Zum Weiterlesen übers historische Brettchenweben: 

Aislings Welt

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