Weich gebettet – ein langes Kissen

19.03.2018 von Rotschopf in Equipment und Sachkultur, Realien, Textilverarbeitung

Durch einen Post von Zeitensprung habe ich schon vor einiger Zeit darüber nachgedacht, dass ich ja eigentlich auch einmal so ein Nackenrollen-Kissen bräuchte für meine historische Bettsituation. Und nun endlich habe ich auch eins für mich umgesetzt.

Die Abbildungslage ist eigentlich recht gut für diesen Fall. Solche die ganze Breite des Bettes abdeckende Wulstpölster waren wirklich sehr populär, fast immer treten sie in Kombination mit kleineren, quadratischen Kissen auf, ihr Zweck ist scheinbar öfter, dass der Schlafende eine leicht erhöhte Position im Bett einbehalten kann, sie sind also als eine Art Mittelding zwischen Matratze und Kissen. Oft werden sie – ich nehme an, weil sie eben so fest zur Basis des Bettes gehören – auch vom Leintuch oder Tagesdecke überdeckt und sind nur als Wulst unter den anderen Textilien an der Stirnseite des Bettes zu sehen. Aber sie gehören fast immer zum Equipment. Hier habe ich auch noch mal einige Abbildungen aus dem 14ten versammelt.

In einigen Textquellen ist diese Nackenrolle (oder auch „Hovedpole“ oder „bolster“) ebenfalls erwähnt, dazu sind diese Artikel hier sehr aufschlussreich, die einige der relevanten Textquellen aufzählen:

Sleeping medieval – Soldiers, knights and travellers

Sleeping medieval – Monks, nuns and monastic knights

 

Umgesetzt habe ich den Polster in weißem Leinen mit eingewebten Streifen aus einem alten Bauernleinen-Bestand. Die Fäden der Musterstreifen sind so unregelmäßig gefärbt, dass ich annehme, dass sie sogar zu Hause mit irgendwelchen Naturfarben eingefärbt sein könnten. Aber wenn nicht, reicht mir erst mal, dass es handgewebt ist.

Ich habe einfach einen 1,40 m langen Schlauch genäht und an den Seiten versucht, hübsche, regelmäßige Falten aus dem überstehenden Material zur Mitte hin zu legen und anschließend einfach das verbleibende „Eckstückchen“ niedergenäht. Auf den Abbildungen sieht man leider nicht, wie der Abschluss ist, oben im Artikel wird ein scheinbar älteres Kissen dieser Art gezeigt, aber ich habe nicht verifizieren können, ob es sich dabei um ein mittelalterliches Exemplar handelt. Eventuell könnte man auch noch eine Version probieren, wo an der Seite 2 Kreisförmige Teile angesetzt werden, das entspräche aber weniger den Abbildungen, wo diese Kissen immer in einer sackartigen Rundung enden.

 

Gefüllt ist das Kissen derzeit noch mit moderner, Anti-Milben-Polsterfüllung, die kann ich aber dann je nach Veranstaltung noch austauschen gegen frisches Stroh beispielsweise.

Es folgen demnächst noch Fotos von der kompletten Bettgarnitur in Action auf einer Belebungsveranstaltung.

 

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